Hallo Allerseits,
Thomas trainiert seit vielen Jahren mit uns im Dojo und ist uns stets eine große Hilfe bei allen praktischen und theoretischen Fragen rund um das Samurai-Schwert. Hier schreibt er über seine Erfahrungen mit der Herstellung und Reparatur von Iaitos.
Um es im Voraus klar zu stellen: Alles Folgende ist nicht immer der traditionelle Weg ein Schwert herzustellen. Ich musste einige Methoden an die mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten anpassen. Der Arbeitsaufwand ist bei meiner Fertigung doch geringer als bei der traditionellen Methode.
Nun mehr oder weniger kurz zu meiner Person.
Ich beschäftige mich seit nunmehr weit über dreißig Jahren mit japanischen Schwertern. Ich bin über das Jiu-Jitsu, und meine Ausbildung zum Maschinenschlosser an das Kunsthandwerk der Herstellung dieser faszinierenden Waffen herangekommen. Während meiner weiteren Ausbildung zum Maschinenbaumeister und meines Studiums der Maschinenbautechnik konnte ich die fertigungstechnischen und metallurgischen Kenntnisse noch viel weiter vertiefen.
Zuerst einmal habe ich damals ab meinem 15ten Lebensjahr im Jiu Jitsu gelernt, mich gegen Schwertangriffe zu verteidigen. Nachdem ich mit 17 Jahren im Völkerkundemuseum zum ersten Mal eine Katana gesehen hatte, wurde der Wunsch immer größer, selber eines zu besitzen. Als Lehrling war kaufen unmöglich. Wieder einmal im Völkerkundemuseum, habe ich einen Herrn der eine Vitrine mit Schwertern einrichtete, gefragt wie die Schwerter eigentlich geschmiedet wurden?
So lernte ich den Dr. Prunner, den damaligen Leiter der Asienabteilung des Museums, kennen. Er war erfreut, dass ein Jugendlicher sich so sehr für die Schwertschmiedekunst interessierte. Ich habe viel von ihm über japanische Schwerter und deren Herstellung gelernt. Ebenso durfte ich nichtexponierte Klingen und Montierungen aus dem Fundus mit ihm zusammen studieren. Ich konnte aber einen meiner damaligen Ausbilder, einen Schmiedemeister, dafür begeistern, nach Feierabend und an den Wochenenden, selber eine Klinge zu schmieden. Viele Wochen, viele Liter Schweiß und viele Blasen an den Händen später, war dann auch unsere erste Klinge fertig.
Um es noch einmal hervorzuheben: Was ich hier schreibe ist meine Meinung und Erfahrung!
Wer sich zu gegebener Zeit ein Iaito oder eine scharfe Klinge zulegen möchte, steht nach vielem Vergleichen, Ausprobieren und etlichen Ratschlägen vor der Qual der Wahl des Schwertes: Da sind wir auch gleich mitten im Problem… Fast alles was heute an massengefertigten Klingen auf dem Markt herumschwirrt, orientiert sich an alten, antiken Klingen. Fast alle dieser Klingen in Museen und Sammlungen sind restauriert. Dabei wird immer Material abgetragen! Kaum eine dieser Klingen hat noch ihre Originalgeometrie. Viele sind mehrere hundert Jahre alt. Zum einen liegt es am Geschick des Polierers die vom Schmied angelegte Geometrie zu erhalten, zum anderen am Geldbeutel des Besitzers und dem Zustand der Klinge bzw. den Schäden an der Klinge. Denkt doch mal bitte an die Kata die Ihr übt, wenn Ihr schneidet, dann mit dem Monouchi. Tsuki stecht Ihr mit der Kissaki, das war auch schon immer so. Da gibt es also den größten Verschleiß und die meisten Schäden an den Klingen. Daraus resultiert der Status Quo der vorhandenen Klingen. Es ist alles dabei, vom absolut herausragenden Meisterwerk bis zur damals schon vorhandenen Massenware: „kazu-uchi-mono“ Schwerter nur für den Gebrauch, ohne künstlerischen Wert. Alles in jedem erdenklichen Zustand.
Ein lebendiges Beispiel: Vielleicht hattet Ihr ja auch Gelegenheit früher bei Oma die Wochenenden zu verbringen. Im Laufe der Zeit habt ihr Euch an Omas alte Besteckmesser gewöhnt, der Umgang damit wurde selbstverständlich. Dann habt Ihr die Besteckmesser irgendwann mal geerbt und weiterverwendet. Nun könnt Ihr es Euch leisten die Besteckmesser restaurieren zu lassen. Oma hatte Qualität gekauft, der Markenhersteller fertigt die Klingen heute noch in der gleichen Form wie früher. Ihr bekommt die Messer mit neuen Klingen eingesetzt zurück und seid sehr verwundert: Die sind ja viel massiver als die runtergenudelten, dünngeschliffenen Spargelklingen die Ihr kennt!
Das ist ungefähr genau die Situation wenn ihr von einer Massenfertigungsklinge auf ein von einem japanischen Schmied für Euch gefertigten Shinsakuto umsteigt. Kennt man von Mudan an nur den Billig-Joghurt vom Discounter, dann kommt man mit dem Geschmack von echten, frischen selbstgemachtem Joghurt nicht gleich klar!
Ich hatte noch ein Last Legend Stahl-Iaito mit dem ich nicht so recht zufrieden war. Warum also nicht an ihm üben? Schließlich hatte ich das alles ja selber einmal gelernt!